
Lesenswert!
Ramuz, Charles Ferdinand
Derborence
200 Seiten, gebunden,
Limmat Verlag
ISBN 978-3-85791-439-3
Ein gewaltiger Bergsturz im Wallis begräbt in einer Nacht Weiden, Tiere, Hütten und Menschen unter sich. Man hört in den Hütten unterhalb Derborence die Käsezuber stürzen, die Bänke umfallen, hört an den Türen unsichtbare Hände rütteln. Es bewegt sich und grollt, es kracht und pfeift. Das geht in der Luft vor sich, an der Erdoberfläche, unter dem Boden, als vermischten die Elemente sich alle. Man unterscheidet nicht mehr, wo der Lärm herkommt und wo er hingeht. Es ist, als wäre das Ende der Welt da. Dann kommt die Luft allmählich zur Ruhe, ist wieder wie sonst. Man hört noch dumpfe Verschiebungen, fernes Rutschen. Wie der Vorbau einer Befestigung steht da eine Mauer vor ihnen, den Leuten von Zamperon… Dort oben in Derborence sind doch der alte Séraphin und der jung verheiratete Antoine. – Zwei Monate später taucht dieser abgemagert und verwirrt unten im Dorf auf. Man kennt ihn vorerst nicht mehr. Es wird gemunkelt, dass der Teufel seine Hand im Spiel hätte und die Toten ohne christliche Bestattung als Gespenster durch die Umgebung irrten. – Im Dorf unten erkennt Antoines Frau Therese, dass sie schwanger ist und zugleich, dass ihr geliebter Mann verschüttet sei. Ungläubigkeit und Bestürzung überwältigen sie gleichzeitig. Von allen Seiten will man sie abschirmen vor der schrecklichen Botschaft, dass der Berg eingestürzt ist. Doch dann kommt Antoine ins Dorf und ist mit den Leuten zusammen. Er ist unruhig, lässt sich jedoch in die Gaststube locken. Therese wartet auf ihn. In der Nacht verlässt er heimlich die Schlafkammer und steigt wieder hoch ins zerklüftete Bergsturzgebiet, wo er Séraphin aus den Steinmassen befreien will. Es kann nur die wirklich grosse Liebe sein, die Therese zu ihrem Mann hinaufführt. Niemand will sie auf dem gefahrvollen Gang begleiten.
Der berühmte Roman von Charles Ferdinand Ramuz (1878-1947) wurde neu vom Limmat Verlag aufgelegt, in der Übersetzung aus dem Französischen von Hanno Helbling. Tatsache ist, dass im Sommer 1749 ein Teil einer Felswand am Hang des Diablerets sich gelöst und den Talkessel zwischen Derborence und Godet mit Gesteinsmassen bedeckt hatte.