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Lesenswert!

Ramuz, Charles Ferdinand

Dorf im Himmel

128 Seiten, gebunden,
Limmat Verlag
ISBN 978-3-03926-084-3

Neu übersetzt liegt das Buch, «Dorf im Himmel» von Charles, Ferdinand Ramuz, vor. Wenige Wochen nach der Herausgabe im Limmat Verlag wurde ein Walliser Bergdorf von Schutt- und Eismassen begraben. – Ramuz: «Dort auf der Nordseite war es, als würde eine Rauchmauer über die Felsmauer hinauswachsen. Das Grau der Dinge ging über ins Braun, das Gelb ins Rot, das Grün ins Schwarz. Man wurde immer unruhiger.» Roman, Legende oder Sage? Bei Ramuz lässt sich schwer definieren, in welche Gattung seine Geschichten einzuordnen sind. Hier schildert er ein Dorf im Paradieszustand. Verstorbene Menschen steigen aus den Gräbern, kehren in ihr Dorf zurück und leben weiter. Sie sind alle zufrieden, mögen einander, erinnern sich an das alte Leben und stellen Vergleiche an. Das Liebespaar findet sich neu. Die Kindsmörderin hat ihr Kind zurück, der Dachdecker und Schnapsbrenner hat beim Destillieren keine Mühe mehr, der Maler malt Landschaftsbilder, die den Frieden widerspiegeln. Das Wetter ist immer schön. Doch langsam wird es ereignislos langweilig. Die Leute vergessen das alte Leben, die Erinnerungen verflüchtigen sich, der Vergleich hört auf. Doch dann geschieht etwas in den Bergen oberhalb des Dorfes. Ängste und alte Gefühle kommen zurück. Die Ziegenhirtin und der Jäger kommen je allein und verstört aus den Bergen zurück. – So viel zum Inhalt dieses Buches.

Meine Gedanken gehen zum Roman Derborence von Ramuz zurück, worin er den Bergsturz von 1714, verbunden mit einem tragischen Einzelschicksal, schildert. Das Thema muss den westschweizer Schriftsteller umgetrieben haben. Gewaltige Verschiebungen in den Seelen der Menschen und in den Gebirgslandschaften hat er meisterhaft beschrieben. Seinem Werk gebührt in mancher Hinsicht neue Aufmerksamkeit. Ramuz recherchierte in den Bergen wie bei den Dorfbewohnern und ahnte dabei etwas von kommenden Naturgefahren. In seinen Romanen hat er Vision und Wirklichkeit miteinander verknüpft. Er war wohl ein Getriebener von seinen Gedanken, Träumen und tatsächlichen Wahrnehmungen.

Limmat Verlag Zürich 2025: Steven Wyss, hat den Roman «Dorf im Himmel» aus dem Französischen übersetzt. In seinem ausführlichen Nachwort erfährt man Einiges über die Arbeitsweise des Schriftstellers Charles Ferdinand Ramuz (1878- 1947). Das Verschwinden von Blatten am 28. Mai dieses Jahres ist eine Erschütterung mit ungewöhnlichem Ausmass. Ramuz: «Während es von da oben immer noch kam, stieg es an, wie wenn sich eine Welle über eine andere Welle legt und auf diese dann noch eine, stieg es, kam es, stieg es noch weiter, kommt es; - und sie, während sie daran dachten, was sie gehabt hatten und wer sie gewesen waren: Das ist das Ende! Aber so war es nicht, denn es gibt dann doch eine Ordnung.»

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